Vom Centovalli ins Valle di Bosco Gurin
Wanderwoche vom 7. September - 14. September 2019
Samstag, 7. September
Zehn Wanderlustige treffen sich am 7. September
beim Bahnhof FART (Ferrovie autolinee regionali
ticinesi) in Locarno um mit der romantischen
Centovalli-Bahn um 13.04 Uhr in Richtung
Corcapolo zu fahren. Übrigens: der Jahreszeit
entsprechend herrscht angenehm warmes
Wanderwetter. Drei weitere TeilnehmerInnen aus
dem Welschland reisen via Brig-Domodossola an
und erwarten uns in Corcapolo, einem kleinen
einsamen Bahnhof, wo gilt: «Halt auf Verlangen».
Nach dem bekannten Ort Intragna, mit dem
höchsten Kirchturm im Tessin, erwartet uns
«Corcapolo». Wir drücken den roten Halteknopf
und der Zug hält. Kaum sind drei unserer Gruppe
ausgestiegen, der Rest ist etwas langsamer,
schliesst sich die Wagontür und der Zug setzt sich
wieder für einen kurzen Augenblick in Bewegung,
bis der Zugführer bemerkt, dass noch ein Teil der
Gruppe im Zug ist. Rasch hält er den Zug
nochmals an und auch der Rest unserer Gruppe
kann aussteigen. Die Dreiergruppe aus dem
Waadtland ist bereits hier. Nach der
temperaturbedingten Tennue-Erleicherung,
beginnen wir unsere Wanderung: auf einer steilen
Treppe gelangen wir zu den ersten Häuser von
Corcapolo, das am abschüssigen Südhand des
Centovalli liegt, auf einer Höhe von 463 Metern.
Wäre übrigens das Wetter schlecht gewesen,
wären wir bis Verdasio gefahren um mit der
Gondelbahn zum Monte di Comino zu gelangen.
Durch schmale Gässchen kommen wir nun
allmählich auf den Wanderweg in Richtung Monte
di Comino. Auf einem schönen, aussichtsreichen
und mit grossen Steinen kunstvoll ausgelegten
Weg, steigen wir hinauf zum 700 Meter höher
gelegenen Monte di Comino. Auf der
gegenüberliegenden Talseite erkennen wir in den
Waldlichtungen die bekannten Dörfchen Rasa,
Bordei und Palagnedra. Charakteristisch für die
Täler die wir in den kommenden Tagen
durchwandern sind die bis weit hinauf bewaldeten
Steilhänge: Buchen, Edel-kastanien, Lärchen und
Fichten sind die überwiegenden Baumarten, je
nach Höhenlage. Weniger steile Lichtungen
werden landwirtschaftlich genutzt und
meisterhafte Natursteinmauern und Rustici
schmücken die Lichtungen. Nach gut drei Stunden
erreichen wir unsere Übernachtungsstätte, Monte
di Comino, wo wir in der kleinen Gastwirtschaft
«Alla Capanna» bei Barbara Fot und Peter
Heidelberger in Zimmmern und teilweise in einem
Massenlager gut untergebracht sind.
Sonntag, 8. September
7.30 Uhr Frühstück und es regnet. Etwas
gespannt verfolgen wir die Wetterentwicklung: bei
Regen wäre eine Fortsetzung nach Comologno im
Onsernonetal wegen heikler Wegstellen zu
gefährlich gewesen. Der nun hilfreiche
Niederschlagsradar zeigte uns aber eine baldige
Besserung an und tatsächlich konnten wir um 8.30
Uhr die geplante Weiterwanderung ins
Onsernonetal antreten. Unweit oberhalb Monte di
Comino erwartete uns in einer Waldlichtung eine
Überraschung: die grosse Kirche «Madonna della
Segna», alleine auf weiter Flur. Durch vorwiegend
Buchenwälder steigen wir bergauf in Richtung
«Pianascio», «Pescia Lunga» und schliesslich auf
dem Grat weiter zur Alp «Corte Nuovo», wo wir
ausgiebig an der nun wärmenden Sonne
pausieren und den Ausblick ins Centovalli und auf
den Lago Maggiore weit in der Ferne geniessen.
Weiter führt der Weg, nun durch vorwiegend
Lärchenwälder, vorbei am Pizzo Ruscada und zum
«Cappellone», wo wir erstmals einige andere
Wanderer treffen, die von Comologno
aufgestiegen sind. Nun geht es nur noch bergab!
Über die verlassene «Alpe Ruscada» und
«Casone» gelangen wir über steile Serpentinen
absteigend hinunter zum Talgrund des
Onsernonetal und den Fluss «Isorno». Hier führt
uns eine Brücke zur gegenüber liegenden Talseite,
wo wir – zum Leidwesen der Teilnehmer –
nochmals aufsteigen müssen zum Dörfchen
«Spruga», dem hintersten bewohnten Weiler im
Onsernonetal. Von hier ist es nun nicht mehr weit:
ohne Verkehr gelangen wir in etwa 10 Minuten in
das etwas tiefer gelegene Dorf Comologno, wo wir
nun zwei Nächte im «Palazzo Gamboni», einem
Swiss historic Hotel, übernachten.
Montag, 9. September
Nach der langen, etwa sechseinhalb stündigen
gestrigen Tour nehmen wir es heute gemütlicher:
wir besuchen am Talende, jenseits der Grenze, die
in Italien gelegenen «Bagni di Craveggia», wo eine
Heilquelle mit stets 28-grädigem Wasser aus dem
Fels sprudelt und in Bädern zum Verweile einlädt.
Wir lassen uns an der wärmenden Sonne, dem
angenehmen Quellwasser und dem Rauschen des
nahen Isorno, der hier in Italien «Rio dei Bagni»
heisst, verwöhnen und für die weiteren Tage
auftanken. Wir verzichten auf den
anstrengenderen Rückweg dem Isorno entlang
und nehmen wieder das Strässchen nach Spruga
und Comologno. In Spruga machen wir natürlich
Halt in der kleinen gemütlichen Dorfbeiz «Bar
Onsernonese». Suppe, Osso buco mit Risotto und
Gemüse und Heidelbeer-Glace lassen zum
Nachtessen keine Wünsche offen, auch gute
kräftige Getränke fehlen dabei nicht. Das
Frühstück wird uns in den alten Räumen des
Palazzo Gamboni von Rita Studer zubereitet. Wir
geniessen – bei Klaviermusik eines Teilnehmers –
die spezielle Atmosphäre dieser antiken
Umgebung.
Dienstag, 10. September
Unser nächstes Ziel heisst heute: «Capanna Alpe
Salei». Gleich mitten im Dorf Comologno beginnen
wir den anfänglich steilen Aufstieg über die Weiler
«Lobbia», «Cavoo» und «Ligünc». Bei den letzten
Rustici von «Ligünc» endet das offene Weideland
und der Weg führt hinein in einen endlosen
schütteren Lärchenwald, der erst wieder kurz vor
dem Ziel, dem Alpgebäude von Salei, wieder einer
offenen Weide Platz macht. Hier zeigen uns Ilenia
und Jean-Luca unser Nachtlager und
anschliessend geht eine Gruppe, als wären wir zu
wenig gewandert, noch auf den «Pizzo Zucchero»,
die andere Gruppe besucht den «Laghetto dei
Salei», wo einige sogar baden. Abends verwöhnt
uns das Hüttenpaar mit Polenta, Salat und
selbstgemachter Dessertorte.
Mittwoch, 11. September
Ein strenger aber strahlender Tag erwartet uns.
Frühmorgens um 7.30 Uhr beginnt die kleine
Gondelbahn von der Alpe Salei extra für uns zu
fahren und bringt uns in vier Fahrten hinunter nach
Zott im Valle di Vergeletto. Von hier fährt uns Elia
Gamboni mit seinem Auto, auch in vier Etappen, in
das nahe gelegene Valle della Camana, wo wir
den Aufstieg zur Capanna Alzasca beginnen.
Eingebettet im einsamen Valle della Camana und
anschliessend im Valle di Fümegn, nur das
Rausche des Baches begleitet uns, steigen wir
allmählich auf zur Alpe di Doia – kein Mensch
begegnet uns, die Alpe di Doia mit dem grossen
Stallgabäude ist verlassen. In einer längeren
Pause geniessen wir hier die Stille, die wärmende
Sonne und die Aussicht. Anschliessend gelangen
wir über die Bochetta di Doia zum Lago d’Alzasca,
wo wir wieder länger verweilen – und baden.
Schliesslich kommen wir zur nahe gelegenen
Capanna Alzasca wo uns der Hüttenwart Rolf das
Nachtlager in einem separaten Gebäude zeigt. Die
Dusche, auch in einem gesonderten Gebäude ist
einmalig: bei grandioser Aussicht, Sonne und
Kuhglockenklängen können wir uns duschen und
erholen. Anschliessend wartet ein gutes
Nachtessen in gemütlicher Atmosphäre auf uns,
dann folgt noch eine Jass-Partie.
Donnerstag, 12. September
Heute erwartet uns der längste Abstieg. Von der
Capanna Alzasca brechen wir bei strahlendem
Sonnenschein frühzeitig um 8.00 Uhr auf.
Anfänglich gehen wir teils weglos direkt hinauf zur
«Bochetta di Cansgei», wo wir nochmals den Lago
d’Alzasca in der Tiefe bestaunen. Dann folgen wir
dem einsamen Hangweg bis zum grandiosen
Aussichtspunkt auf einer Höhe von 2'020 Metern:
nun liegt das Valle di Campo mit den Dörfchen
Cimalmotto und Campo unter uns. Auch
Cerentino am Taleingang können wir erkennen wie
auch den gegenüber liegenden Talabschluss mit
dem Pizzo Bombögn, Gross- und Kleinhorn und
dem morgigen Übergang nach Bosco Gurin, den
Passo Quadrella. Aber vorerst geht es nun einmal
etwa 1'200 Meter hinunter zur Strasse welche
nach Cerentino führt. Auf abwechslungsreichem
Weg, einmal steil hinunter, einmal durch Wald,
über verlassene Weiden mit zerfallenen Rustici,
dann wieder über flache Geländeabsätze, führt
uns der schier endlose Weg hinunter. Auch
knifflige Stellen, mit Ketten gesichert, meistern wir.
Schliesslich erreichen wir, teils etwas müde,
pünktlich um 15.30 Uhr den vereinbarten
Strassenabschnitt, wo drei Personenwagen des
Hotels «Locanda Fior di Campo» auf uns warten.
Eine Teilnehmerin die im nahe gelegenen
Camanoglo wohnt, verlässt uns hier, da sie den
Übergang nach Bosco Gurin bereits bestens
kennt. Nach den vorgängig einfachen
Unterkünften, geniessen wir in der «Locanda Fior
di Campo» bei Vincenzo Pedrazzini den Luxus:
prachtvolle Zimmer mit Duschen und allem was
das Herz sich wünscht. Nach einem entsprechend
vorzüglichen Nachtessen geniessen wir die
nächtliche Ruhe im abgelegenen Campo.
Freitag, 13. September
Nach dem Frühstück starten wir, frisch gestärkt,
um 9.00 Uhr bei herrlichem Sonnenschein. Über
«Büra» und «S’cèda» erreichen wir die Alp
«Quadrella di Fuori» und rasten ausgiebig. Von
hier steigen wir weiter auf durch schütteren
Lärchenwald, welcher fast bis zum Passo
Quadrella hinauf reicht, den wir gegen 11.30 Uhr
erreichen. Nun ist definitiv Schluss mit aufsteigen.
Nach nochmaliger Rast und Stärkung steigen wir
langsam ab nach Bosco Gurin, einer romantischen
Walser Siedelung und damit dem einzigen
deutschsprachigen Dorf im Tessin. Gegen 15.00
Uhr sind wir im Hotel «Walser» und können die
Zimmer beziehen. Um 16.00 Uhr treffen wir uns
vor dem Walser-Museum. Frau Kristina Della
Pietra berichtet uns hier in ihrem sympathischen
Walser-Dialekt aus der Geschichte des Dorfes und
dessen Besiedelung durch die aus dem Oberwallis
ausgewanderten Walliser im ausgehenden
Mittelalter. Im Jahr 1253 wird das Dorf erstmals in
einem Schriftstück erwähnt.
Nach dem Nachtessen im Hotel «Walser» beendet
ein Teilnehmer die Woche noch am Klavierflügel
des Hotels mit stilvollen eigenen Variationen.
Samstag, 14. September
Mit dem Postauto um 9.35 Uhr treten wir die
Heimreise an. Aber erst nachdem wir in der
kleinen sympathischen Bäckerei von Bosco Gurin,
bei der Familie Sartori, noch eingekauft haben.
Dem feinen Duft dieser frischen Backwaren ist es
zu verdanken, dass andere Mitreisende nicht
bemerken, dass wir doch schon eine Woche
unterwegs gewesen sind.