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"Grenzpfad 2015", von S-chanf nach Miralgao
Wanderwoche vom 29. August - 5. September 2015

Start unserer Grenztour ist die romantische Parkhütte Varusch, am Eingang zum Nationalpark. Über Weiden, vorbei an Murmeltieren, Gemsen, Hirschen und Steinbock-Kolonien, wandern wir - entlang der Grenze zu Italien – mal dort, mal wieder in der Schweiz, in Richtung Süden. Bis wir hoch über dem Lago di Poschiavo unsere letzte Gaststätte erreichen, das bezaubernde San Romerio!

29. August: Parkütte Varusch

Einstimmung: in Saas Almagell,Saas Fee Nach einer abwechslungsreichen Zugsfahrt von Zürich nach Chur und mit der Rhätischen Bahn in das schmucke Oberengadiner Dorf S-chanf, verlassen wir hier den Zug bei strahlendem Sonnenschein. Insgesamt sind wir – fünf Frauen und sechs Männer - elf Personen die sich voller Abenteuerlust auf diese spannende Woche freuen.

Vom kleinen heimeligen Bahnhof S-chanf aus, gehen wir durch das Dorf, mit den typischen Bündner Häuser, ihren bogenförmigen grossen Eingangstüren und den tief in die dicken Mauern eingelassenen Fenstern. Wir überqueren den Inn, passieren unter einer Brücke die Geleise der Rhätischen Bahn und schon stehen wir in der unberührten Natur. Etwas emporsteigend gelangen wir in den imposanten Lärchenwald am Nordhang des Dorfes.

Nun gelangen wir auf einem horizontal zum Hang verlaufenden angenehm schattigen Waldweg in das Val Trupchun. Nach etwa einer Stunde erreichen wir unser erstes Ziel, die private Parkhütte Varusch welche zum Hotel Engiadina in Zuoz gehört.

30. August: Livigno

An der Fuorcla Trupchun 06.30 Uhr Frühstück! Und um 07.00 Uhr verlassen wir noch die im Schatten des Piz d’Esan liegende Hütte und ziehen bergwärts Richtung Süden: durch das Val Trupchun – im Nationalpark liegend – der Fuorcla Trupchun auf 2'782 Metern Höhe liegend, entgegen. Etwas unterhalb der Alp Trupchun, auf einer Höhe von 2'000 Metern, lassen wir den Lärchenwald hinter uns und betreten das baumlose Weideland der ehemaligen Alp welche heute nicht mehr zur Sömmerung von Rindern genutzt wird.

Bald zeigt sich der Nationalpark auch als Wildpark: eine grosse Herde von sicher über 100 Hirschkühen entdecken wir auf der gegenüberliegenden Talseite, welche bereits von den ersten Sonnenstrahlen, einer Ausstellung ähnlich, beleuchtet wird. Auf der gleichen Talseite, am Talende angelangt, überrascht uns eine grosse Steinbockkolonie.

Allmählich gelangen auch wir an die wärmende Sonne und – nach einer Rast und die 1'000 Meter Höhendifferenz überwunden – erreichen nach vier Stunden die Passhöhe der Fuorcla Trupchun auf 2'771 Metern Höhe gelegen: beschriftet mit einem italienischen und schweizerischen Schild, nun sind wir in Italien.

Nach einer längeren Mittagspause führt uns der teils steile und ausgesetzte Weg hinunter in das Valle del Saliente. Nach einer engen Schlucht erreichen wir auf etwa 2'100 Metern Höhe die Waldgrenze und damit wird auch unser Pfad wieder angenehm breiter. Bei Ponte Calcheira, dem Eingang in das Valle di Federia erwartet uns der Taxi und bringt uns in das Hotel Cassana, wo wir nun zwei Nächte verweilen von der Familie Galli bewirtet und verwöhnt werden.

31. August: Val Federia / Livigno

Panorama auf der Fuorcla Federia Wieder 06.30 Uhr Frühstück! Bei wolkenlosem Himmel holt uns Pietro Castellani mit seinem Taxi um 07.15 Uhr beim Hotel ab und wir fahren sechs Kilometer tief hinein in das langgezogene, breite und einsame Valle di Federia, bis zur Alp Mortarec, gelegen auf 2'207 Metern Höhe. Am Talende, noch im Schatten liegend, erkennen wir eine verlassene Talstation eines Sesslliftes, wo wohl erst im Winter wieder lebhafter Skibetrieb einkehren dürfte.

Gemächlich steigen wir auf, vorbei am Laghetto di Federia, zur Fuorcla Federia, am Fusse des Munt Cotschen liegend, hier sind wir wieder an der Grenze zur Schweiz. Welch ein Paronarma: gegenüber erstrahlen Piz Bernina, Piz Morteratsch und Piz Palü in der Morgensonne – ein willkommenes Foto-Suget!

Nun geht es – immer der Landesgrenze folgend – über einen breiten Rücken zum Monte Garone auf 3'030 Metern Höhe. Schliesslich wandern wir weiter zur etwas tiefer gelegenen Fuorcletta. Hier verlassen wir die wenigen Wegspuren nach rechts und gelangen weglos in den am Talende aufsteigenden und markierten Weg zur Fuorcla Chamuera auf 2'748 Metern Höhe. Der Abschnitt verlangt Kondition und Schweisstropfen! Insgesamt haben wir bis hierher etwa 1'000 Höhenmeter zurückgelegt.

Nach einem kurzen Abstieg gelangen wir über die Alp la Stretta – wo einige Teilnehmerinnen Alpkäse einkauften – zum gleichnamigen Pass „La Stretta“ und hinunter zur Passstrasse welche nach Livigno führt. Eine kleine Rissquetschwunde welche eine Teilnehmerin sich bei einem Sturz auf dem Alpweg zuzog, konnte ich rasch und gut mit Steri-strip versorgen!

Auf dem vereinbarten Parkplatz wartete bereits unser Taxichauffeur und nach gut 8 Stunden endete dieser Tagesausflug. Bei einem guten Nachtessen und einem erlesenen Wein vergessen wir die Strapazen des Tages wieder.

1. September: Alpe Camp

Rast am Pass da Val Mera Und wider: 06.30 Uhr Frühstück! Heute verlassen wir das gemütliche Hotel Cassana: mit dem Taxi fahren wir zur Alpe Vago und steigen durch das Valle Vago und das Val die Campo auf zum Pass da Val Mera auf 2'671 Metern wo Gemstiere uns beim Aufstieg beobachten. In einer Vertiefung und von dem kühlen Wind geschützt machen wir hier eine längere Pause.

Gemütlich steigen wir anschliessend in das Val Mera ab, vorbei am Lagh da Roan, eine Steilstufe überwindend, durch Lärchenwald und an reichen Wachholderstauden vorbei. Stets begleitet vom Rauschen des gleichnamigen Baches „Val Mera“.

Auf der wunderschönen ausladenden Alpweide „Alp Camp“ erreichen wir unsere Bleibe für die kommende Nacht. Verteilt in Zimmer und Lager geniessen wir die Gastfreundschaft und die gute Küche von Frau Crameri und ihrem Sohn Mauro. Erstmals seit unserem Aufbruch in S-chanf verschlechtert sich nun das Wetter etwas und am Abend beginnt es leicht zu regnen.

2. September: Rifugio Federico in Dosdè

Rifugio Federico in Dosdé Frühstück erstmals später: 07.30 Uhr. Etwas nach 8 Uhr verlassen wir die private Unterkunft Camp, mit Regenschutz über den Rucksack, Schirm und teilweise mit Poncho bekleidet, gelangen wir am Lagh da Val Viola vorbei zum Pass da Val Viola. Unterwegs lichtet sich kurz die nebelartige Bewölkung und gibt uns den Blick frei auf den mitten im Lärchenwald gelegenen See.

Bei wechselhaftem Wetter, trockene und regnerische Phasen wechselten sich ab, beabsichtigen wir im alten, aus dem 1. Weltkrieg stammenden, Rifugio Viola einen kurzen Halt einzuschalten. Aber es kam anders: drei Generationen der Familie Fraquelli begrüssten uns herzlich und wiesen auf ihre Speisekarte hin. Polenta, Schweinsbraten, Wein, Mineralwasser, Kaffe, Grappa und Torte offerierten sie uns und dies alles für 12 €uro! So wurde aus dem kurzen Halt ein ausgiebiges und fröhliches Mittagessen und ich versprach dem Patron, für seine unter dem Namen „Polentahütte“ bekannte Gaststätte, Reklame zu machen.

Nach gut einer Stunde erreichten wir dann doch die nächste Hütte, das Rifugio Federico in Dosdè. Hier bewirtete uns ebenfalls vorzüglich der Bergführer Adriano Greco mit seiner Gattin und seinem Sohn.

3. September: Rifugio Malghera

Schutzhütte auf dem Passo Dosdé Frühstück wieder: 06.30 Uhr. Um 07.15 Uhr verlassen wir das Rifugio Federico in Dosdé und die Familie Greco und nehmen den mit insgesamt etwa 1'200 Höhenmetern zu bewältigenden, strengsten Abschnitt unserer Woche unter die Füsse. Zwei Übergänge gilt es zu bewältigen: den Passo Dosdé mit 2'814 Metern und den Passo di Vermolera mit 2'732 Metern. Zuerst führt der Weg dem Fluss „Bormina“ entlang, allmählich ansteigend durch das einsame Val Cantone die Dosdè.

Auf dem ganzen Wegabschnitt begegnen wir weder Mensch noch Tieren – einzig das monotone Rauschen des Baches begleitet uns. Ideales Wanderwetter begleitet uns für diesen Abschnitt: trocken, kühl und bedeckter Himmel. Wir gelangen mühelos zum Passo Dosdè in dessen Scheitelpunkt eine kleine Schutzhütte steht. Wir nehmen einen Augenschein: aufgeräumt und mit einer Gas-Kochgelegenheit ausgestattet, bietet die Hütte Platz für etwa 10 Personen.

Nach einer kurzen Verweildauer geht unsere Reise weiter: absteigend, am Lago Negro vorbei führte der Wanderweg hinunter in das Valle di Avedo. Auf einer Höhe von 2'360 Metern verlassen wir den Weg und – die Laghi di Tres links liegen lassend – kürzen in weglosem Gelände ab. Beim Lago Venere treffen wir wieder auf den Weg welcher zum Passo di Vermolera hinauf führt. In einem steilen Couloir überwinden wir rasch die erforderlichen 250 Höhenmeter und erreichen den Passo di Vermolera. Ein angenehmer Abstieg, zuerst etwas durch Geröll, anschliessend über weite und verlassende Alpweiden, führt uns zum Rifugio Malghera welches wir nach insgesamt etwa 7 Stunden erreichen. Die grosse Wahlfahrtskirche „Madonna delle Neve“ ist in dieser Einsamkeit eine wirkliche Überraschung.

Auch in diesem grossen und komfortablen Rifugio sind wir gut aufgehoben: im Preis von €uro 40.- für Halbpension ist beim Nachtessen auch der Wein und das Mineralwasser inbegriffen. In der Schweiz bezahlten wir – als Beispiel - für 1 Liter Mineralwasser Fr. 11.50, im Hotel Cassana in Livigno, wie auch andernorts, kostete diese nur €uro 2.50! Die grossen Preisdifferenzen bieten uns reichlich Gesprächsstoff.

4. September: San Romerio

Einmalig: San Romerio Nach einem erholsamen Schlaf und reichem Frühstück verlassen wir das Rifugio Malghera um 07.15 Uhr in Richtung Passo Malghera. Heute wieder im Sonnenschein, führt der Weg über Alpweideland, vorbei am glitzernden Lago di Malghera, zum gleichnamigen Pass auf einer Höhe von 2'542 Metern. Hier überschreiten wir wieder die Landesgrenze und bleiben nun stets auf Schweizer Boden.

Ein schöner Wanderweg führt hinunter über Alpweiden des Val Poschiavo, des Puschlav. Bei den Alphütten von „Canal“ passen wir uns dem warmen Sonnenschein an: für eine Stunde pausieren wir und geniessen die Ruhe, Einsamkeit und den Ausblick den dieses Hochplateau bietet.

Am Osthang des Val Poschiavo führt uns dann ein lang gezogener Höhenweg durch einen nicht enden wollenden Lärchenwald zum nächsten Kleinod, den dieses Tal bietet: San Romerio und seine kleine Kirche welche scharf am Rande eines steil abfallenden Felses klebt. Die kleine aus Natursteinen gebaute Kirche ist über 1'000 Jahre alt und bei deren Renovation im Jahre 1951 fanden die Bauleute ein Beinhaus und unter der Kirche zwei Altare aus keltischer Zeit!

Hoch über dem Lago di Poschiavo ist dies ein Ort der Ruhe, der unerwarteten und beeindruckenden Begegnung mit dem Leben unserer Vorfahren und einer vergangenen Epoche: ein Ort der Rückschau und der Besinnung auf das Zeitlose, Sinn stiftende im menschlichen Leben: jeder kann hier seine eigene Antwort finden.

In diesem kleinen Paradies werden wir von der Familie Bongulielmi reichlich und gastfreundlich in der mit viel Liebe restaurierten Gaststätte bewirtet.

5. September: Miralago / Heimreise

Heimreise - Abstieg nach Miralago Unser Abmarsch anderntags wird durch die helle Glocke des Kirchleins begleitet, wer sie vernimmt, dem soll angeblich Glück beschieden sein. Nach zwei Stunden erreichen wir das kleine Dorf „Miralago“ am Ausgang des Lago di Poschiavo und damit den Endpunkt unserer Wanderung.

Nach einer Zwischenverpflegung im einmalig und liebevoll restaurierten und empfehlenswerten Grotto Miralago, gegenüber dem Bahnhof, treten wir mit der Bahn wieder unsere Heimreise an.

Grenzpfad 2015: von S-chanf nach Miralago vom 29. August - 5. September 2015"  »